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Der Konsumwahn unserer Zeit – Anything goes?

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Wir leben in einer Zeit der Beliebigkeit. Wer die Wahl hat, hat auch die Qual. Tatsächlich ist dies wörtlich zu nehmen, denn eigentlich weiß keiner so richtig was er will. Deshalb funktioniert Werbung auch so gut, weil es ja sein kann, dass man das entsprechende Produkt doch braucht. Aber woher kommt diese Unsicherheit, dieser Zweifel, es vielleicht doch zu benötigen? Man könnte doch sagen, dass bei einem Kauf nach Bedürftigkeit die Antwort klar auf der Hand liegt. Man muss sich zum Beispiel etwas zu essen und zu trinken kaufen. Hier gibt es nach Watzlawick noch eine analoge Verbindung zwischen Produkt und Bedürfnis. Doch kauft heute keiner mehr etwas, weil er es braucht, sondern weil er glaubt, dass er es braucht. Das bedeutet, dass sich die Absicht vom Bedürfnis abgelöst hat. Das Bedürfnis ist kein natürliches mehr, es entspricht nicht mehr der eigentlichen Verwendung. Mit Watzlawick gesprochen ist eine digitale Verbindung zwischen Produkt und Bedürfnis eingetreten. Am besten erklärt diesen Zusammenhang jedoch Tyler Durden in dem Gespräch mit Cornelius, dem erzählenden Protagonisten aus dem Film Fight Club. Cornelius hat gerade seine Wohnung verloren und ruft Tyler als seine einzige Kontaktperson an.

Tyler: “Weißt du was ein Plate ist”? Cornelius: “Ich glaub ne Decke”  Tyler: “Ne kleine Decke, nichts weiter. Wieso wissen Leute wie du und ich was ein Plate ist? Ist das unentbehrlich für unser Überleben, jäger- und – sammler-technisch betrachtet?” Nein, was sind wir eigentlich? Cornelius: Tja keine Ahnung, Konsumenten? Tyler: So ist es, wir sind Konsumenten. Wir sind Abfallprodukte der allgemeinen Lifestyle- Obsession.

Natürlich ist dieses Wissen nicht unbedingt notwendig für unser Überleben, aber es wäre auch nicht weiter gefährlich, wenn wir nicht daran glauben würden, dass es doch wichtig sei. Nicht umsonst sagt Cornelius zu Beginn des Gesprächs über seinen Verlust: ” Ich war so kurz davor mich vollständig zu fühlen”. Also wird hier das Überleben des Körpers durch eine künstliche Form des Überlebens von Identität ersetzt. Cornelius glaubt scheinbar Besitztümer zu benötigen, um sich darüber in seiner Person definieren zu können.  Dieser Irrglaube wird ihm auch kontinuierlich von anderen Menschen vorgelebt. Seine gesamte Umwelt passt sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse an und hält sie für naturgegeben, sodass auch Cornelius das Gefühl hat dazugehören zu wollen. Doch eines Tages steigt aus dem Hamsterrad seines Alltags aus und sein Leben ändert sich radikal.

Das Paradoxon im Anything goes ist, dass Taten, die mir gut tun, mir auch wirklich erst gut tun, wenn sie aus einem Wertekatalog entspringen, der in sich schlüssig ist. Cornelius, der postmoderne Held, zwingt sich im weiteren Verlauf des Films zu erkennen, dass sein Lebensentwurf nicht sinnerfüllt ist. Seine Taten entspringen keinem persönlichen Wertekatalog, keiner Intention der Selbstverwirklichung, sondern es sind Sklavendienste, welche für die Gesellschaft notgedrungen geleistet werden müssen, um Geld zu verdienen. Er erkennt, dass er in seinem Konsumwahn so gierig war, wie der Zombie nach Gehirnen.

Cornelius’ Identität als Konsument muss also zunächst sterben, damit er als moralisches Subjekt überleben kann. Er muss in den Abgrund schauen, welcher wiederum in ihn hineinschaut und ihn als neue Person wiedergebären. Somit kann das Anything goes zu einem Beschleuniger der Selbsterkenntnis werden.

 

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